Was wir von der Mittelmeerregion über nachhaltige Ernährung lernen können

Die Ernährung ist längst zu einer Klimafrage geworden. Bis zu 30 Prozent der weltweiten Treibhausgase stammen aus der Lebensmittelproduktion. Forschende sehen in der Ernährungsweise der Mittelmeerregion ein mögliches Vorbild für eine nachhaltigere Zukunft.

Frau kauft frisches Gemüse auf einem mediterranen Wochenmarkt – Symbol für regionale, nachhaltige Ernährung im Stil der Mittelmeerdiät.

Regional, frisch und nachhaltig: Auf Wochenmärkten zeigt sich die Esskultur des Mittelmeerraums, die Gesundheit, Umweltbewusstsein und soziale Verbundenheit vereint. Foto: Shutterstock

Pflanzliche Lebensmittel im Zentrum der Nachhaltigkeit

Die Mittelmeerdiät gilt nicht nur wegen ihrer medizinischen Vorteile als „Goldstandard“ einer gesunden Ernährung, sondern wird auch aufgrund ihrer geringen Umweltbelastung und ihres kulturellen Werts geschätzt. In den Mittelmeerregionen werden die zentralen Lebensmittel dieser Diät seit Jahrtausenden lokal produziert. Dieses traditionelle Produktionssystem unterstützt die ländliche Wirtschaft, fördert soziale Strukturen und trägt zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bei.

Die Lebensmittelproduktion verursacht weltweit bis zu 30 Prozent der Treibhausgasemissionen und rund 70 Prozent des Süßwasserverbrauchs. Pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchte, Nüsse und Oliven haben im Vergleich zu tierischen Produkten den geringsten ökologischen Fußabdruck. Die Mittelmeerdiät setzt bewusst auf pflanzliche Lebensmittel und beschränkt den Konsum tierischer Produkte, insbesondere von Wiederkäuern, die viel Fläche, Energie und Wasser benötigen und große Mengen Methan freisetzen.

Wissenschaft bestätigt die Umweltvorteile der Mittelmeerdiät

Die EAT-Lancet-Kommission hat ein globales Konzept für eine nachhaltige Ernährung bis zum Jahr 2050 entwickelt. Ziel dieser Empfehlungen ist es, die Gesundheit der Weltbevölkerung zu fördern und gleichzeitig die ökologischen Grenzen des Planeten zu respektieren. In ihrem Bericht wird die Mittelmeerdiät als besonders positives Beispiel hervorgehoben. Sie gilt als Modell, weil sie gesundheitliche Vorteile mit einer vergleichsweise geringen Umweltbelastung verbindet.

Zu den zentralen Lebensmitteln dieser Ernährungsweise zählen Vollkornprodukte, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Olivenöl und Fisch. Fast alle dieser Lebensmittel verursachen nur minimale ökologische Belastungen. Eine Ausnahme bildet der Fischfang, der – je nach Art und Fangmethode – mit höheren Umweltwirkungen verbunden sein kann. Dennoch schneidet Fisch deutlich besser ab als rotes oder verarbeitetes Fleisch, das bei Produktion und Transport wesentlich mehr Treibhausgase freisetzt und mehr Ressourcen beansprucht.1

Auch wissenschaftliche Analysen bestätigen die Erkenntnisse der Kommission. Eine große Metaanalyse, die acht Studien zu unterschiedlichen Ernährungsmustern zusammenfasste, zeigte: Eine Ernährung mit einem höheren Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln und einem geringeren Anteil an tierischen Produkten ist nicht nur gesünder, sondern auch deutlich klimafreundlicher. Zu den empfehlenswerten Ernährungsformen zählen neben der Mittelmeerdiät auch die vegetarische Ernährung, die DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension) sowie Ernährungsweisen, die sich an offiziellen Ernährungsempfehlungen orientieren.2

Diese Ergebnisse unterstreichen, dass die Kombination aus pflanzlich betonter Ernährung, regionaler Vielfalt und bewussterem Fleischkonsum entscheidend sein könnte, um Gesundheit und Nachhaltigkeit langfristig miteinander zu verbinden.

Bedrohung durch Globalisierung und industrielle Landwirtschaft

Das traditionelle Ernährungssystem der Mittelmeerregion gerät zunehmend unter Druck. Globalisierung und industrielle Landwirtschaft verändern die Grundlagen der Mittelmeerdiät. Viele Produkte, die früher regional und saisonal erzeugt wurden, stammen heute aus großflächiger Produktion und werden über weite Strecken transportiert.

Monokulturen, intensiver Düngereinsatz und steigender Wasserverbrauch belasten die Umwelt. Gleichzeitig nimmt der Anteil verarbeiteter Lebensmittel und Fleischgerichte zu. Damit gehen sowohl kulturelle Traditionen als auch ökologische Vorteile der ursprünglichen Ernährungsweise verloren.

Ob die Mittelmeerdiät langfristig als Modell für nachhaltige Ernährung erhalten bleibt, hängt von politischen Entscheidungen und der Förderung regionaler Strukturen ab.

Quellen anzeigen
  1. Willett W, Rockström J, Loken B, et al. Food in the Anthropocene: the EAT-Lancet Commission on healthy diets from sustainable food systems. The Lancet. 2019 Feb 2;393(10170):447-492.
  2. Nelson ME, Hamm MW, Hu FB, Abrams SA, Griffin TS. Alignment of Healthy Dietary Patterns and Environmental Sustainability: A Systematic Review. Advances in Nutrition. 2016 Nov 15;7(6):1005-1025.
Dr. Markus Numberger, promovierter Neurowissenschaftler und medizinischen Fachautor, spezialisiert auf molekulare Neurobiologie, Komplementär- und Integrativmedizin sowie medizinische Kommunikation. Dr. rer. nat. Markus Numberger
Mit einer beeindruckenden Laufbahn, die ihn unter anderem ins Labor des Medizin-Nobelpreisträgers Bert Sakmann führte, ist Dr. Markus Numberger ein herausragender Experte in molekularer Neurobiologie. Seine wissenschaftliche Neugier und sein tiefgründiges Fachwissen, ergänzt durch Forschungsaufenthalte in den USA und an der Charité Berlin, ermöglichen es ihm, die Komplexität der Komplementär- und Integrativmedizin verständlich zu vermitteln.
Was denken Sie?
Logo von Naturheilverfahren.de mit dem Buchstaben N in Hellgrün auf weißem Hintergrund.

Natürlich gesund – Ihr Newsletter

Erhalten Sie monatlich die wichtigsten Neuigkeiten aus der Komplementär- und Integrativmedizin direkt in Ihr Postfach. Abonnieren Sie unseren Newsletter.

Weitere Beiträge