

Wenn im Alter die Sehkraft nachlässt, ist Vorsicht geboten: Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist die häufigste Ursache für Erblindung bei Menschen über 65 Jahren. 10 bis 30 Prozent der über 85-Jährigen sind betroffen, und bis 2040 wird die Zahl der Betroffenen weltweit auf 288 Millionen geschätzt. Angesichts der wenigen wirksamen Behandlungsmöglichkeiten der Schulmedizin wächst das Interesse an komplementären und alternativen Therapien. Doch wie sinnvoll sind diese Ansätze?
Altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist eine Augenerkrankung, die die Makula betrifft, den Teil der Retina, der für scharfes Sehen in der Mitte des Blickfeldes verantwortlich ist. Foto: Shutterstock
Unter dem Begriff Makuladegeneration werden verschiedene Erkrankungen der Netzhaut gesammelt.1 Genauer betreffen sie den gelben Fleck (Macula lutea), einen für den Sehsinn maßgeblichen Bereich mit einem Durchmesser von etwa fünf Millimetern.
In der Regel tritt eine Makuladegeneration bei Patienten höheren Alters auf – man spricht dann von einer altersbedingten Makuladegeneration (AMD). Sie entsteht, wenn der Stoffwechsel gestört ist und das Pigmentepithel die regelmäßig abgestoßenen Rezeptoraußenglieder nicht mehr schnell genug abbauen kann.1,2 In der Folge nimmt die AMD eine von zwei Formen an:
Deutlich seltener tritt eine Makuladegeneration unabhängig vom Lebensalter auf. Bei der juvenilen Makuladystrophie (Morbus Stargardt), die in den ersten beiden Lebensjahrzehnten beginnt, und der vitelliformen Makuladystrophie (Morbus Best) handelt es sich um Erbkrankheiten. Außerdem können Makulaerkrankungen durch eine hohe Dosierung mancher Medikamente, darunter Chloroquin, Thioridazin und Tamoxifen hervorgerufen werden.
Zu den typischen Anzeichen einer Makuladegeneration gehört insbesondere ein grauer Schatten im Sehzentrum: Patienten sind also dort, wo sie gerade hinschauen, in ihrer Sehfähigkeit eingeschränkt. Bei der feuchten Erkrankungsform kann es auch zu Verzerrungen von Linien und Mustern kommen. Schreitet die altersbedingte Makuladegeneration weiter voran, so erschwert sie auch das Lesen, das Erkennen von Gesichtern oder das Ausführen gezielter Bewegungen und Tätigkeiten. In manchen Fällen führt die AMD letztlich zur gesetzlichen Blindheit. Für viele Betroffene bedeutet die Erkrankung schwere Einschränkungen in ihrem Alltag, und es wurde von einer erhöhten Prävalenz depressiver Symptome insbesondere bei der feuchten Makuladegeneration berichtet.3
Der Entstehungsmechanismus der altersbedingten Makuladegeneration ist nicht vollständig geklärt: Neben dem Rauchen gelten auch Übergewicht, genetische Faktoren und Umwelteinflüsse wie die Lichtbelastung als mögliche Risikofaktoren.1
Die beiden Formen der altersbedingten Makuladegeneration unterscheiden sich auch bezüglich der Verfügbarkeit einer zufriedenstellenden Therapie.1,2
Mediterrane Ernährung senkt das Risiko für Makuladegeneration.
Das präventive und therapeutische Potenzial verschiedener Ernährungsgewohnheiten bezüglich der altersbedingten Makuladegeneration wurde umfassend wissenschaftlich untersucht.8 Dabei hat sich die mediterrane Ernährung mit ihrem Fokus auf Obst und Gemüse, Fisch, Olivenöl und geringen Mengen rotem Fleisch als empfehlenswert erwiesen: Wer diese Grundsätze befolgt, hat laut mehreren Studien ein niedrigeres Risiko einer AMD .8,9
Eine durchschnittliche westliche Ernährung geht hingegen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine fortschreitende AMD einher.10 Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) spricht sich für die Einhaltung einer ausgewogenen Ernährung entsprechend der allgemeinen Empfehlungen aus.11
Im Rahmen der großangelegten AREDS-Studien zu altersbedingten Augenerkrankungen traten spezifische Nährstoffe und der Einsatz antioxidativer Nahrungsergänzungsmittel in den Vordergrund.8,12 Neben Coenzym Q10 und Resveratrol gehören insbesondere die Vitamine C und E, Selenium, Zink und Carotinoide zu den Antioxidantien, die in dieser und anderen Studien im Hinblick auf die altersbedingte Makuladegeneration untersucht wurden.13,14 Einige Studien widmen sich zudem dem aus Kurkuma isolierten Curcumin sowie einzelnen Nahrungsmitteln, darunter dem Safran, und fanden hier Hinweise auf eine mögliche therapeutische Anwendung bei AMD.15,16
Wenngleich für die einzelnen Nährstoffe eine positive Wirkung bei der Prävention der retinalen Zelldegeneration nachgewiesen werden konnte, wird ihre prophylaktische Einnahme in Form von Nahrungsergänzungsmitteln nicht durch die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft empfohlen.11 Die Autoren eines Cochrane Reviews kommen ebenfalls zu dem Schluss, dass schädliche Auswirkungen der langfristigen Supplementierung mit frei verkäuflichen Produkten nicht ausgeschlossen werden können.13
Aus ayurvedischen Kreisen wird vom erfolgreichen Einsatz verschiedener Mittel bei altersbedingter Makuladegeneration berichtet.17 Diese werden im Rahmen therapeutischer Verfahren wie Tarpana, Putapaka und Anjana ins Auge eingebracht oder als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen. Hier gelten unter anderem altes Ghee, Gerste, verschiedene Kürbisse, Amalaki, Shatavari oder Triphala als geeignet. Ein systematisches Review bemängelt allerdings unvollständige Dokumentationen und fehlende Standards innerhalb der wissenschaftlichen Studien zum Ayurveda bei AMD.
In der chinesischen Arzneimitteltherapie werden Augenerkrankungen wie die Makuladegeneration mit einer Fehlfunktion von Milz und Magen, aber auch der Leber und Gallenblase in Verbindung gebracht.18,19 Daher steht hier häufig das Mikrobiom, insbesondere des Verdauungstrakts, im Fokus. Studien zufolge zeigen AMD-Betroffene eine dünnere Besiedlung durch Bakterien des Bacillota-Stamms und weisen eine höhere Anzahl an Bakterien der Stämme Proteobacteria und Bacteroidetes auf.
Als Arznei kommt zum Beispiel die Rezeptur Ming Mu Di Huang Wan, die unter anderem Rehmannia-glutinosa-Wurzel und Asiatische Kornelkirsche enthält, in Frage.18 Aus der therapeutischen Praxis berichten naturheilkundlich tätige Mediziner von bemerkenswerten Ergebnissen einer Behandlung mithilfe der chinesischen Arzneimitteltherapie.
Neben der Arzneimitteltherapie stellt die Akupunktur eine weitere Säule der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) dar, die bei der altersbedingten Makuladegeneration zum Einsatz kommt. Sowohl Allgemeinmediziner als auch Heilpraktiker behandeln die AMD per Akupunktur – ob diese Therapieform vorrangig bei der feuchten oder der trockenen Makuladegeneration hilft, ist hier allerdings umstritten.20,21
Von manchen Praktikern wird ein engmaschiges, zweiwöchiges Therapieschema mit zwei täglichen Sitzungen befolgt und die Akupunktur mit weiteren Maßnahmen wie homöopathischen Verordnungen, Ozonbehandlung und Nahrungsergänzungsmitteln kombiniert.20 Die übliche Verlaufskontrolle beim behandelnden Augenarzt soll in jedem Fall beibehalten werden.21
Die wissenschaftliche Studienlage wird in einschlägigen Reviews als eher schlecht bewertet: Die vorliegenden Studien sind von niedriger Qualität und präsentieren kaum statistische Analysen.22,23
Experten warnen vor neuen Lasertherapien bei Makuladegeneration.
Im Rahmen verschiedener neuerer Lasertherapien werden Versuche unternommen, die altersbedingte Makuladegeneration mithilfe von Low-Level-Licht zu behandeln.24 Im Einzelnen kommen folgende Verfahren zum Einsatz:
In einer Stellungnahme aus dem Jahr 2018 sprechen sich der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. (BVA), die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) und die Retinologische Gesellschaft e.V. (RG) gegen den Einsatz dieser neueren Laserverfahren in der therapeutischen Praxis aus – aufgrund einer nicht ausreichenden wissenschaftlichen Evidenzlage sollen diese Behandlungen ausschließlich in klinischen Studien erfolgen.25
Bei der Rheopherese handelt es sich um eine Form der Eigenbluttherapie, bei der das gesamte Blutvolumen des Patienten über einen Arm ausgeleitet, durch einen Filter gepumpt und anschließend wieder über den anderen Arm zugeführt wird.22,26 Hierbei werden größere Moleküle wie Immunglobuline, LDL-Cholesterin und der Von-Willebrand-Faktor entfernt, was die Viskosität des Bluts senkt und zu einer Normalisierung des Stoffwechsels im Pigmentepithel beitragen kann.
Die Methode gilt als eine der wenigen Therapien, die bei der trockenen Makuladegeneration in Frage kommen.27 Allerdings bemängeln mehrere Reviews die Aussagekraft entsprechender wissenschaftlicher Studien – etwa aufgrund von kleinen Probandengruppen und wenig signifikanten Wirksamkeitsdaten.22,28 Der BVA und die DOG sprachen sich daher zuletzt 2023 gegen die Rheopherese als Behandlungsansatz bei altersbedingter Makuladegeneration aus.6
Vereinzelt wird eine Ozontherapie zur Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration in Betracht gezogen. Dabei werden dem Patienten etwa 200 Milliliter Blut abgenommen, diese mit Ozon versetzt und anschließend wieder in den Blutkreislauf eingeführt.22,29 Die wissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem Verfahren stammen hauptsächlich aus einer Forschungsgruppe und werden in einem Review als unzureichende Evidenz für die Wirksamkeit der Ozontherapie bei AMD bewertet.22 Auch der BVA und die DOG lehnen die Therapie der AMD durch Ozon ab.6
Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) schränkt die betroffenen Patienten häufig dauerhaft in ihrem Alltag ein. Angesichts ihrer gesellschaftlichen Tragweite ist die Erkrankung für Vertreter der Komplementär- und Alternativmedizin besonders interessant – entsprechend groß ist auch das Patienteninteresse an Behandlungsansätzen wie Akupunktur, Eigenbluttherapie und Nahrungsergänzungsmitteln. Die wissenschaftliche Evidenz ist allerdings dünn: Studien von geringer Qualität und widersprüchliche Ergebnisse lassen bisher keine allgemeine Empfehlung solcher Verfahren durch die Fachgesellschaften zu.
Perspektivisch scheinen konventionelle Optionen wie die bereits etablierte Anti-VEGF-Therapie bei feuchter Makuladegeneration sowie die im Fokus der Forschung stehenden Komplementhemmstoffe, Gen- und Stammzelltherapien am vielversprechendsten, wenn es um die zukünftige therapeutische Praxis bei AMD geht.30 Grundsätzlich muss jede Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration durch einen erfahrenen Facharzt erfolgen.