

Migräne ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen und betrifft weltweit über eine Milliarde Menschen. Besonders in Deutschland leiden fast 15 % der Frauen und 6 % der Männer darunter. Die Schmerzattacken beeinträchtigen den Alltag, verringern die Erwerbsfähigkeit und belasten das Gesundheitssystem erheblich. Trotz moderner medikamentöser Therapien finden viele Betroffene keine ausreichende Linderung. Daher suchen Therapeuten und Patienten verstärkt nach komplementären und integrativen Behandlungsmethoden.
Migränepatienten suchen oft nach komplementären Behandlungsmöglichkeiten, um ihre Schmerzen zu lindern. Foto: Shutterstock
Migräne ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederkehrende, meist einseitige Kopfschmerzen gekennzeichnet ist. Diese Schmerzen können von Übelkeit, Erbrechen und einer Überempfindlichkeit gegenüber Licht, Geräuschen und Gerüchen begleitet werden. Migräneanfälle variieren in ihrer Dauer und Intensität und können das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen.
Der Mechanismus, der die starken Beschwerden bei Migränepatienten hervorruft, ist nicht vollständig aufgeklärt.2 Manche Experten gehen von Störungen des trigeminovaskulären Systems aus, während andere eine mitochondriale Dysfunktion und in der Folge einen gestörten Energiestoffwechsel diskutieren.6,7 Es konnten zudem genetische Komponenten identifiziert werden, die das individuelle Migränerisiko beeinflussen.2
Die einzelne Schmerzattacke scheint bei Betroffenen teilweise durch externe Faktoren wie Wetterveränderungen, bestimmte Lebensmittel oder einen ungewohnten Tagesablauf ausgelöst zu werden. Viele von ihnen verbinden ihre Beschwerden mit einem bestimmten Geruch wie etwa Parfum, Tabak, Waschmitteln oder Kosmetikartikeln.8 Ein erhöhter Koffeinkonsum von mehr als 400mg pro Tag wird ebenfalls mit einer höheren Schmerzwahrscheinlichkeit assoziiert.9
Ein Migräneanfall folgt häufig, aber nicht immer einem festgelegten Schema:2
Unterschieden werden muss zwischen der Migräne mit Aura und der Migräne ohne Aura. Tatsächlich tritt nur bei zehn bis 15 Prozent der Migränepatienten eine Aura auf. Unmittelbar vor der eigentlichen Kopfschmerzphase zeigen sich dann visuelle Störungen (Auren), die als helle, häufig gezackte Flecken im zentralen Gesichtsfeld beginnen und sich nach außen bewegen. Auch ein Flimmern oder „Blitzen“ im Sehfeld sowie neurologische Reiz- und Ausfallerscheinungen wie Kribbeln oder Sprachstörungen sind möglich. Bei den über 80 Prozent aller Migränebetroffenen ohne Aura stehen der typische Kopfschmerz, Übelkeit und Überempfindlichkeiten im Vordergrund.
Von einer chronischen Migräne spricht man, wenn die episodische Migräne so häufig auftritt, dass es über drei Monate hinweg zu mehr als 15 Kopfschmerztagen im Monat kommt.
Häufig kann die Migräne schon auf Grundlage des Beschwerdebilds ohne weitere Untersuchungen diagnostiziert werden.2 Zur Therapie eignen sich insbesondere medikamentöse Optionen. Im Rahmen einer Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI) gaben Migränepatienten an, im Mittel an etwa sechs Tagen im Monat Medikamente gegen ihre Beschwerden einzusetzen.4
Bei einer leichten Migräne kommen Analgetika und nichtsteroidalen Analgetika (NSAR) wie Acetylsalicylsäure (Aspirin) als Mittel der ersten Wahl sowie Ibuprofen oder Paracetamol in Frage.2,10 Bei Übelkeit und Erbrechen können zusätzlich Antiemetika wie Metoclopramid oder Domperidon eingenommen werden.2
Mittelschwere bis schwere Symptome werden heutzutage vorrangig mit einem Wirkstoff aus der Gruppe der Triptane behandelt. Die sieben gegen Migräne eingesetzten Wirkstoffe sind in Form von Tabletten, subkutanen Injektionen und Nasensprays verfügbar und haben in zahlreichen kontrollierten Studien eine signifikante Wirksamkeit gezeigt. Zu beachten ist, dass Triptane keinen Einfluss auf die Entwicklung einer Aura haben und diese nicht verhindern oder verkürzen können.
Seit kurzer Zeit stehen außerdem Wirkstoffe aus den Gruppen der Ditane und der Gepante zur Verfügung.5,11 Mutterkornalkaloide werden in den aktuellen Leitlinien dagegen nur noch für den ausnahmsweisen Einsatz empfohlen.12
Sowohl Schmerzmittel als auch Triptane können zu häufigeren und längeren Migräneanfällen führen, wenn sie zu oft zur Akutbehandlung eingesetzt werden.2 Um die Ausbildung einer chronischen Migräne zu vermeiden, wird im Einzelfall eine prophylaktische Therapie empfohlen.5 Hierbei kommen Betablocker, Kalziumantagonisten oder Antikonvulsiva zum Einsatz.10
Es ist wichtig, dass Migränepatienten ihre Behandlung immer mit einem Arzt besprechen, um die bestmögliche Therapie und Vorbeugung zu gewährleisten.
Zur Behandlung der akuten Migräne sowie in der Migräneprophylaxe kommen im Sinne der Komplementärmedizin verschiedene verhaltenstherapeutische Ansätze zum Einsatz.
Im Rahmen einer an der Universität Freiburg und dem Universitätsklinikum Freiburg durchgeführten klinischen Studie konnte ein speziell konzipiertes Programm aus Mindfulness und kognitiver Verhaltenstherapie zwar nicht die Schmerzattacken selbst lindern, aber ihre Häufigkeit reduzieren und das psychische Wohlbefinden der Patienten verbessern.13 Eine weitere Studie verglich ein aus Mindfulness und Yoga bestehendes Programm mit einem edukativen Ansatz, der Patienten umfassend über ihre Migräneerkrankung informierte.14 Hier trugen das Achtsamkeitstraining und Yoga zu einer Verbesserung depressiver Symptome und einer Verringerung der Einschränkungen im Alltag bei.
Randomisierte kontrollierte Studien zu verschiedenen Biofeedbackmethoden bei Migräne lassen auf einen möglichen positiven Wert für die Migränebehandlung schließen, es wird aber die Qualität vieler Studien bemängelt.15
Insgesamt konnte die Wirksamkeit der Mind-Body-Therapieverfahren vorrangig für ihren vorbeugenden, regelmäßigen Einsatz nachgewiesen werden.16 Sie können zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen und scheinen in ihrer Effektivität mit der medikamentösen Prophylaxe vergleichbar zu sein.17 Sowohl die S1-Leitlinie zur Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne als auch die American Headache Society sprechen sich für eine präventive Begleitung der Patienten durch Verfahren wie kognitive Verhaltenstherapie, Entspannungsverfahren, Achtsamkeit und Biofeedback aus.12,18 Unter den Biofeedbackverfahren hebt die Leitlinie insbesondere das Vasokonstriktionstraining hervor, bei dem Betroffene eine Technik erlernen, um die Arteria temporalis superficialis willentlich zu verengen und so eine Schmerzlinderung hervorzurufen.12
Auf der Suche nach Schmerzlinderung setzen Migränepatienten auf verschiedene physikalische Verfahren, bei denen Kräfte von außen auf den Körper einwirken – so zum Beispiel im Rahmen einer Massage oder osteopathischen Behandlung.
Für die Wirksamkeit osteopathischer Verfahren konnten geringe Nachweise in einzelnen Studien erbracht werden, nicht jedoch für den Einsatz der chiropraktischen Manipulation bei Migräne.6 So zeigten sich in einer 2016 veröffentlichten Studie keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten, die chiropraktisch behandelt wurden und jenen, die eine Scheintherapie erhielten.
Eine statistisch signifikante Wirksamkeit der Lymphdrainage konnte in einer ebenfalls 2016 veröffentlichten Studie nachgewiesen werden: Sowohl gegenüber der Kontrollgruppe, die keine Behandlung erhielt, als auch der mit einer traditionellen Massage behandelten Vergleichsgruppe zeigten die Probanden aus der Lymphdrainagegruppe einen niedrigeren Bedarf an Schmerzmitteln.19
Die Effektivität von Reflexzonen- und Fußreflexzonenmassagen zur Behandlung der Migräne bleibt umstritten. In einzelnen Studien konnten beide Ansätze klinisch relevante Verbesserungen mit Hinblick auf Symptome wie Kopfschmerzintensität, -dauer und -häufigkeit erreichen.19,20
Am Einsatz von Heilpflanzen im Rahmen der Phytotherapie sind Patienten häufig besonders interessiert.1 Im Raum steht dabei die Nutzung unzähliger Pflanzen, von denen sich jedoch einige als besonders beliebt erwiesen und in der Migränebehandlung etabliert haben.
Mutterkraut (Tanacetum parthenium) gilt immer wieder als wirksame Option zur Migränevorbeugung. Ein entsprechendes Cochrane Review konnte in den vorliegenden wissenschaftlichen Studien jedoch keinen klaren Nutzen im Vergleich zu Placebo erkennen.21 Einzelne Studien kamen zu positiven Ergebnissen; diese Grundlage reicht jedoch nicht aus, um die klinische Wirksamkeit von Mutterkraut nachzuweisen.1,22
Für den Extrakt einer Pestwurzart (Petasites hybridus) konnte dagegen eine signifikante Wirksamkeit in der Migräneprophylaxe gezeigt werden. Aufgrund von Bedenken bezüglich einer möglichen Leberschädigenden Wirkung bei Langzeitanwendung ist der Extrakt in Deutschland jedoch aktuell nicht mehr zugelassen.1,23
Gelegentlich greifen Patienten zu rohem Ingwer (Zingiber officinale) oder Ingwerextrakten als Hausmittel bei Migräneanfällen.24 Für eine Wirksamkeit im Rahmen der Akutbehandlung oder Prophylaxe gibt es bisher jedoch keine Nachweise.
Beliebt in der Behandlung akuter Migräneattacken sind auch verschiedene ätherische Öle. Einzelne positive Wirksamkeitsnachweise konnten unter anderem für Lavendelöl, Pfefferminzöl und Knoblauchöl erbracht werden.25 Basilikumöl kann laut einer Studie zu einer signifikanten Verbesserung der Schmerzintensität führen, wenn es drei Mal täglich an den Schläfen aufgetragen wird.26 Die S1-Leitlinie sieht in der nachgewiesenen kühlenden Wirkung von Mentholölen eine möglicherweise schmerzlindernde Option für die Akutbehandlung.12 Ein aktuelles Review weist allerdings darauf hin, dass die vorliegenden Studien zur Anwendung ätherischer Öle bei Migräne im Mittel die Häufigkeit der Schmerzattacken nicht über den Placeboeffekt hinaus reduzieren konnte.27
Veränderungen in der rechtlichen und kulturellen Landschaft sorgen dafür, dass auch Cannabis an Relevanz in der Migränetherapie gewinnt.15 Bei einer Befragung von Cannabiskonsumenten mit Migräne gaben drei von vier Befragten an, Cannabis konkret zum Zweck der Migränebehandlung einzusetzen. Eine größere Studie untersuchte die Angaben von 1306 Konsumenten von medizinischem Cannabis und kam zu dem Schluss, dass das Inhalieren von Cannabis die Schmerzintensität etwa halbieren konnte. Insbesondere bei jüngeren und weiblichen Anwendern scheinen Blüten der Sorte Cannabis indica größere Linderung zu verschaffen als solche der Sorte Cannabis sativa.28 Interessant ist die Therapie mit Cannabis zudem im Rahmen eines Multi-Target-Ansatzes – etwa, wenn nicht nur die Migräne, sondern auch Begleiterkrankungen wie Depressionen, Ängste oder Schlafstörungen behandelt werden sollen.29
Häufig versprechen sich Patienten von verschiedenen Diäten, Lebensstilanpassungen und Nahrungsergänzungsmitteln eine einfache und sanfte Symptomlinderung.
In einer kleinen Studie mit chronischen Migränepatienten konnte die Schmerzhäufigkeit, -dauer und -intensität durch eine ketogene Diät deutlich reduziert werden.30 Die S1-Leitlinie bescheinigt bestimmten Ernährungsrichtungen, neben der ketogenen Ernährung etwa einer geringen Zucker- oder Lipidzufuhr sowie einer veganen Diät, positive Effekte in randomisierten kontrollierten Studien.12 Allgemeine Maßnahmen für einen gesunden Lebensstil wie regelmäßige körperliche Aktivität, Gewichtsmanagement und der Verzicht auf Alkohol und Rauchen gelten als empfehlenswert.31 Für andere spezielle „Migränediäten“ ist die wissenschaftliche Evidenz dagegen schwach.12 Vorsicht ist geboten, wenn die Migräneattacken dem Konsum bestimmter Nahrungsmittel zugeschrieben und diese in der Folge gemieden werden: Hier besteht das Risiko einer Mangelernährung.18
Im Rahmen der Migräneprophylaxe wird immer wieder eine mögliche Verbindung zum Mikrobiom und damit eine potenzielle Wirksamkeit von Probiotika diskutiert. Methodische Unterschiede zwischen einzelnen Studien und widersprüchliche Ergebnisse lassen allerdings aktuell keine Empfehlungen bezüglich der Einnahme von Probiotika zu.7,12
Zum prophylaktischen Wert von Melatonin liegen ebenfalls widersprüchliche Daten aus wissenschaftlichen Studien vor.12 Die Substanz ist gut verträglich und in der Anwendung sicher, kann in der S1-Leitlinie aufgrund der aktuellen Datenlage jedoch nicht empfohlen werden. In Metaanalysen und Reviews konnte eine insgesamt gute Wirksamkeit bei qualitativ schlechter Nachweislage festgestellt werden.11,23
Für die Migränebehandlung mit Magnesium liegen verschiedene Studienergebnisse vor.15 Insgesamt scheint der Mineralstoff sowohl bei intravenöser als auch bei oraler Verabreichung eine signifikante Reduktion der Häufigkeit und Intensität von Migräne zu erreichen.15,22,23 Die American Academy of Neurology (AAN) unterstützt die Anwendung von oralem Magnesiumcitrat in der Prävention sowie von intravenösem Magnesium zur Akutbehandlung der Migräne mit Aura.32
Für hochdosierte Vitamin B2-Präparate (Riboflavin) konnte eine deutlich über den Placeboeffekt hinausgehende Wirksamkeit bei erwachsenen Patienten nachgewiesen werden.1,22 Studien zum Einsatz bei Kindern und Jugendlichen lieferten widersprüchliche Ergebnisse.15,22 Aufgrund der notwendigen hohen Dosierung müssen die Präparate üblicherweise individuell als Apothekenrezepturarzneimittel hergestellt werden.1
Die Einnahme von Vitamin D3 kann laut einzelner Studien zu einer signifikanten Verbesserung der Migränehäufigkeit führen.15 Von Bedeutung ist dabei, dass ein großer Teil der Migränepatienten deutlich niedrigere Vitamin-D-Spiegel aufweist als gesunde Personen.33,34
Das Coenzym Q10 zeigt vielversprechende Ergebnisse in der Reduktion der Migränefrequenz und -intensität, insbesondere bei Erwachsenen.15,22,23,32,35 Besonders wirksam scheint Q10 in Kombination mit Magnesium, Riboflavin (Vitamin B2) und eventuell Mutterkraut zu sein.7,23
Verschiedene Verfahren, die unter anderem bei Migräne eingesetzt werden, setzen an bestimmten Punkten am Körper an – etwa, indem sie mit feinen Nadeln angestochen, mit Botox behandelt oder für ein Piercing durchstochen werden.
Die Behandlung durch Akupunktur war in diversen wissenschaftlichen Studien einer Scheinakupunktur überlegen und zeigte eine gute Wirksamkeit durch Reduzierung der Kopfschmerzhäufigkeit.2,6,23 Im Vergleich zur medikamentösen Prophylaxe scheint die Akupunktur etwas effektiver, und sie löst weniger Nebenwirkungen aus.36,37 Insgesamt bewertet die S1-Leitlinie die Studienlage allerdings als widersprüchlich und sieht lediglich eine geringe Evidenz für die Wirksamkeit der Akupunktur.12
Das Daith-Piercing ist ein Piercing im Bereich des Ohrknorpels (Tragus), das einem Akupunkturpunkt zur Migränebehandlung entspricht und insbesondere in Social Media als Therapieoption empfohlen wird. Eine nachvollziehbare pathophysiologische Grundlage für einen solchen Wirkmechanismus existiert nicht und es liegen keine aussagekräftigen wissenschaftlichen Studien vor.12,38,39 Das therapeutische Potenzial des Daith-Piercings lässt sich bisher lediglich auf Grundlage anekdotischer Berichte beurteilen, die möglicherweise durch den Placeboeffekt beeinflusst wurden.40,41 Zusätzlich besteht ein erhöhtes Risiko für Wundheilungsstörungen und Infektionen am Ohrknorpel, und es wurde von Einzelfällen berichtet, in denen ein vergleichbares Piercing bei einer bisher gesunden Patientin Kopfschmerzen und Übelkeit hervorrief.38,42 Die S1-Leitlinie, die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) und die American Migraine Foundation (AMF) raten daher von Daith-Piercings zur Migränebehandlung ab und empfehlen leitliniengerechte medikamentöse und nichtmedikamentöse Therapien durch einen Arzt.12,38,40 Eine klinische Studie des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit zur Wirksamkeit von Ohrpiercings bei Migräne läuft aktuell.43
In einigen Ländern kommt Botulinumtoxin Typ A (Botox) zur Behandlung der chronischen Migräne zum Einsatz und wird dabei an bestimmten Punkten am Kopf und Nacken injiziert.44 Bezüglich der Wirksamkeit bei episodischer Migräne ist die Studienlage unzureichend.
Bei der Neurostimulation kommt eine therapeutische Technik zum Einsatz, die elektrische oder magnetische Impulse nutzt, um Nervenaktivitäten zu modulieren und so Schmerzen und andere neurologische Symptome zu lindern.
Mit externen Neuromodulationssystemen (eTNS) wie CEFALY® wird der oberste Ast des Trigeminusnervs mithilfe einer selbstklebenden Elektrode an der Stirn beidseitig stimuliert, um die Intensität und Häufigkeit von Migräneattacken zu reduzieren und akute Migränesymptome zu lindern.1 Die S1-Leitlinie attestiert dem Verfahren eine Wirksamkeit bei akuten Migräneanfällen.12
Die nicht-invasive Vagusnerv-Stimulation (nVNS) konnte in der PRESTO-Studie und anderen Untersuchungen eine signifikante Schmerzreduktion bei guter Verträglichkeit erreichen.12,18
Geräte zur Remote Electrical Neuromodulation (REN) wie Nerivio® konnten sowohl bei episodischer als auch chronischer Migräne die Häufigkeit der Migränetage signifikant reduzieren.45,46,47,48
Einem flächendeckenden Einsatz der nicht-invasiven Neurostimulation in der Migränetherapie stehen Herausforderungen wie die insgesamt geringe Evidenz, die eingeschränkte Verfügbarkeit auf dem deutschen Markt und die fehlende Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung entgegen.12 Sie kann aber eine Option für Patienten sein, die keine medikamentöse Migräneprophylaxe wünschen oder diese nicht vertragen.
Wo die wissenschaftliche Studienlage zu widersprüchlichen Ergebnissen bezüglich der Wirksamkeit der einzelnen komplementären Behandlungsmethoden kommt, ist mit ebenso widersprüchlichen Erfahrungen aus der medizinischen und heilpraktischen Praxis zu rechnen. Dennoch berichten Praktiker zumindest in Einzelfällen von positiven Effekten ausgewählter Therapieverfahren bei der Behandlung von Migränepatienten.
So sprechen sich die Apothekerin Cornelia Roth und die Heilpraktikerin Anna Koppold für den Einsatz von Pestwurz (Petasites hybridus) und Mutterkraut (Tanacetum parthenium) in akuten Schmerzphasen und zur Prophylaxe aus.49,50 Die chinesische Ärztin für Traditionelle Chinesische Medizin und Heilpraktikerin Zheng Zhang berichtet von positiven Erfahrungen bei der Behandlung einer schwangeren Migränepatientin mittels Akupunktur.51 Mit der Fußreflexzonenmassage konnte die Gesundheitspädagogin und Heilpraktikerin Andrea Zahn-Hoyer einen männlichen Patienten erfolgreich therapieren.52 Und in einem Fallbericht erläutert der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. med. Andreas Böger, wie bei einer Patientin mit Clusterkopfschmerz sowie episodischer Migräne ein Cannabinoid eine deutliche Verbesserung erreichen konnte.53
Im Kampf gegen die episodische und die chronische Migräne setzen Behandler und Patienten neben den etablierten Medikamenten auch auf eine Vielzahl von komplementären und integrativen Verfahren. Nicht immer können diese Ansätze wissenschaftlichen Untersuchungen standhalten – dementsprechend lässt sich nicht immer ein Konsens zur Wirksamkeit und Sicherheit einzelner Therapien erreichen. Bereiche wie die verschiedenen Neurostimulationsverfahren oder der Einsatz von Cannabis bieten sich aufgrund ihrer technischen und kulturellen Aktualität für weitere Forschungsvorhaben besonders an. Wo neben den meist ungefährlichen oder als wirksam belegten Ansätzen wie den Mind-Body-Therapien und der Akupunktur auch andere, umstrittenere Verfahren in Erwägung gezogen werden, muss im Einzelfall eine umfassende Nutzen- und Risikobewertung durch erfahrenes medizinisches Fachpersonal erfolgen.