

Rot, herb und angeblich hilfreich: Cranberrysaft steht in vielen Haushalten – als vermeintlicher Schutz vor Blasenentzündung. Eine neue Auswertung von 20 klinischen Studien zeigt nun, dass an dem Mythos tatsächlich etwas dran ist. Doch nicht alle Cranberryprodukte sind gleich wirksam.
Cranberrysaft gilt als bewährtes Hausmittel – und aktuelle Studien bestätigen: Der rote Saft kann das Risiko für Harnwegsinfekte deutlich senken. Foto: Shutterstock
Viele Frauen kennen das unangenehme Brennen beim Wasserlassen – ein typisches Anzeichen für eine Harnwegsinfektion (HWI) oder Blasenentzündung. Mehr als jede zweite Frau ist im Laufe ihres Lebens mindestens einmal davon betroffen.
Da Antibiotika nicht immer gewünscht oder sinnvoll sind, wächst das Interesse an pflanzlichen Alternativen. Besonders Cranberry-Produkte stehen dabei im Fokus – doch die Empfehlungen zu ihrer Wirksamkeit waren bislang widersprüchlich. Eine aktuelle Übersichtsarbeit hat nun untersucht, wie gut Cranberrysaft und -präparate tatsächlich vorbeugen können. Der Review wurde im Januar 2025 in der Fachzeitschrift Die Urologie veröffentlicht.1,2
Ein Forschungsteam aus Deutschland und der Schweiz analysierte 20 randomisierte, kontrollierte Studien mit insgesamt mehr als 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Verglichen wurden die Wirkungen von Cranberrysaft, Cranberrytabletten und erhöhter Flüssigkeitszufuhr bei Menschen mit wiederkehrenden Harnwegsinfektionen. Ziel der Analyse war es, herauszufinden, wie wirksam diese Maßnahmen neue Infektionen verhindern – und ob sich der Einsatz von Antibiotika dadurch verringern lässt.
Cranberrysaft schnitt in den meisten Auswertungen am besten ab. Im Vergleich zu einem Placebo konnte das Risiko für neue Infektionen um 27 Prozent gesenkt werden, im Vergleich zu keiner Behandlung sogar um bis zu 54 Prozent. Auch der Bedarf an Antibiotika ging deutlich zurück – um 49 Prozent gegenüber Placebo und um 59 Prozent im Vergleich zu keiner Behandlung.
Cranberrytabletten zeigten hingegen uneinheitlichere Ergebnisse. Einige Studien berichteten von einem positiven Effekt, andere konnten keinen Nutzen feststellen. Als mögliche Ursachen gelten Unterschiede in der Zusammensetzung der Präparate – insbesondere beim Gehalt an Proanthocyanidinen (PACs), die als wirksame Inhaltsstoffe gelten. Auch die Bioverfügbarkeit der PACs kann je nach Produkt variieren.
Eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr senkte das Risiko für Harnwegsinfektionen ebenfalls, jedoch etwas weniger deutlich: Die Infektionsrate sank hier um rund 50 Prozent – ein etwas geringerer Effekt als beim Cranberrysaft.
Die aktuelle Studienlage spricht am deutlichsten für Cranberrysaft. Auch Cranberryprodukte insgesamt zeigten eine messbare Reduktion von Symptomen bei Harnwegsinfektionen. Die Qualität der zugrunde liegenden Evidenz wird jedoch als moderat bis niedrig eingestuft.
Die Aussagekraft der Ergebnisse ist unter anderem durch die Heterogenität der Studienpopulationen eingeschränkt – etwa hinsichtlich der Altersverteilung oder der unterschiedlichen Definitionen von Harnwegsinfektionen. Auch uneinheitliche Gehalte an Proanthocyanidinen (PACs) in den Präparaten sowie potenzielle Interessenkonflikte durch herstellergesponserte Studien stellen eine methodische Schwäche dar. Zudem ist der genaue Wirkmechanismus der PACs bislang nicht abschließend geklärt.
Cranberrysaft kann eine gut verträgliche Möglichkeit sein, das Risiko für Harnwegsinfektionen zu verringern – insbesondere bei Personen, die regelmäßig unter Blasenentzündungen leiden. Der tägliche Verzehr scheint laut Studien dabei hilfreich zu sein. Bei Tabletten ist die Studienlage weniger eindeutig: Ihre Wirksamkeit hängt stark vom jeweiligen Produkt und dem Gehalt an wirksamen Inhaltsstoffen ab.
Zwar ersetzt Cranberrysaft keine medizinische Behandlung, er kann jedoch dazu beitragen, die Häufigkeit von Infekten und den Bedarf an Antibiotika zu senken. Auch ärztliche Leitlinien empfehlen Cranberryprodukte zur Prävention bei wiederkehrenden Harnwegsinfektionen. Im Vergleich zu Antibiotika bleibt der Effekt jedoch geringer und wissenschaftlich schwächer abgesichert.