Nerivio-Armband gegen Migräne: Neuromodulation als Therapieoption

Seit Frühjahr 2024 ist in Deutschland eine neue Methode zur Vorbeugung und Behandlung von Migräne verfügbar: das Nerivio-Armband, das in den USA bereits seit 2019 zugelassen ist. Das app-gesteuerte Gerät setzt auf Neuromodulation und kommt ohne Medikamente aus. Doch wie funktioniert es und was belegen Studien zur Wirksamkeit?

Nerivio Logo – Neuromodulations-Armband von Theranica zur Migränebehandlung
Frau nutzt das Nerivio-Armband zur Migränebehandlung durch Neuromodulation am Oberarm – app-gesteuerte, nicht-medikamentöse Therapie gegen Migräne.
Smartphone-App steuert das Nerivio-Migränearmband per Neuromodulation – digitale, nicht-medikamentöse Migränetherapie.
Migräne-App des Nerivio-Armbands dokumentiert Symptome und Therapieverlauf im digitalen Kopfschmerztagebuch.
Schülerin trägt das Nerivio-Armband im Unterricht – nicht-medikamentöse Migränebehandlung per Neuromodulation für Jugendliche.

Das Nerivio-Armband: App-gesteuerte Neuromodulation zur Migränebehandlung. Fotos: Nerivio

Auf einen Blick

  • Medikamentenfreie Therapie
    Das Nerivio-Armband behandelt Migräne durch Neuromodulation – ohne den Einsatz klassischer Schmerzmittel.

  • App-gesteuerte Anwendung
    Das Armband wird am Oberarm getragen und über eine Smartphone-App für 45 Minuten gesteuert.

  • Verschreibungspflichtig
    Das Armband ist nur mit ärztlicher Verordnung erhältlich und damit weniger flexibel zugänglich als frei verkäufliche Präparate.

  • Studien belegen Wirksamkeit
    Klinische Studien zeigen: Rund zwei Drittel der Patienten verspüren innerhalb von zwei Stunden eine deutliche Schmerzlinderung.

  • Hohe Kosten
    Die Behandlung kostet rund 87 Euro pro Monat. Da die Krankenkassen die Kosten nicht übernehmen, müssen Patienten selbst zahlen.

  • Präventative Nutzung möglich
    Neben der akuten Anwendung kann Nerivio auch vorbeugend alle zwei Tage genutzt werden, um Migränetage zu reduzieren.

Migräne und bisherige Behandlungsmöglichkeiten

Migräne ist weltweit eine recht häufige Erkrankung, die sich durch wiederkehrende starke Kopfschmerzattacken mit Übelkeit, sowie erhöhter Licht- und Lärmempfindlichkeit äußert. In Deutschland sind etwa acht bis zehn Millionen Menschen betroffen, und zwar fast 15 % aller Frauen und 6 % aller Männer.

Die Standardtherapie bei Migräne beruht bislang überwiegend auf Medikamenten. Zur akuten Behandlung werden Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure sowie Migränemittel aus der Gruppe der Triptane eingesetzt. Zur Vorbeugung können Betablocker, Antiepileptika oder bestimmte Antidepressiva verschrieben werden. Diese Präparate helfen vielen Patienten, stoßen jedoch auch an Grenzen: Manche Betroffene sprechen nicht ausreichend darauf an, andere leiden unter Nebenwirkungen wie Magenbeschwerden, Müdigkeit oder Kreislaufproblemen. Zudem kann ein übermäßiger Gebrauch von Schmerzmitteln selbst zu chronischen Kopfschmerzen führen.

Vor diesem Hintergrund wächst das Interesse an nichtmedikamentösen Behandlungsformen, etwa Entspannungsverfahren, Akupunktur, Biofeedback – oder der Neuromodulation.

Was ist das Nerivio-Armband?

Das Nerivio-Armband ist ein medizinisches Gerät zur Behandlung von Migräne, das am Oberarm getragen und über eine Smartphone-App gesteuert wird. Es nutzt die Technologie der Neuromodulation, um Migräneattacken zu lindern und vorzubeugen. In den USA ist das Armband bereits seit 2019 zugelassen, in Deutschland ist es seit Frühjahr 2024 verfügbar.

Als innovative Alternative bietet das Nerivio-Armband eine nicht-invasive Therapieoption, die ohne Medikamente auskommt. und sowohl bei akuten Migräneattacken als auch zur Vorbeugung eingesetzt werden kann. Das Nerivio-Armband wird am Oberarm getragen und über eine Smartphone-App gesteuert.

Die Selbstbehandlung dauert 45 Minuten und wird akut bei einer beginnenden Migräneattacke oder präventiv jeden zweiten Tag durchgeführt. Jedes Gerät ist auf 18 Anwendungen ausgelegt.

Für wen ist das Nerivio-Armband geeignet?

Das Armband ist für Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren zugelassen. Es eignet sich insbesondere für Menschen, die Migräne-Medikamente nicht vertragen, bei denen diese nicht ausreichend wirken oder die eine nichtmedikamentöse Therapie bevorzugen.

Allerdings sprechen nicht alle Patienten gleichermaßen auf die Behandlung an.

Funktionsweise des Migräne-Armbands

Das Nerivio-Armband basiert auf dem Prinzip der Remote Electrical Neuromodulation (REN) und nutzt, elektrische Impulse, um die körpereigenen Mechanismen zur Schmerzlinderung zu aktivieren. Diese Impulse werden vom Patienten nicht als Schmerz wahrgenommen, aktivieren jedoch die natürliche Schmerzlinderung im Hirnstamm, wodurch die Ausschüttung von Neurotransmittern wie Serotonin und Noradrenalin gefördert wird, was die Migräneschmerzen reduziert sowie Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Lärmempfindlichkeit lindert.

Zudem reduziert das Neuromodulations-Armband nachweislich den Bedarf an Schmerzmedikamenten.

Studien zur Wirksamkeit des Nerivio-Armbands

Mehrere klinische Studien, darunter Yarnitsky et al. (2019) und Tepper et al. (2023), belegen die Wirksamkeit des Nerivio-Armbands.1,2

Rund zwei Drittel der Teilnehmer berichteten innerhalb von zwei Stunden nach der Anwendung über eine spürbare Schmerzreduktion. Bei vorbeugender Nutzung verringerte sich zudem die Zahl der Migränetage pro Monat. Nebenwirkungen wurden in den Studien nicht festgestellt. Diese Ergebnisse unterstreichen das Potenzial der REN-Technologie, eine wirksame und gut verträgliche Alternative in der Migränetherapie zu bieten.

Kosten und Verfügbarkeit in Deutschland

Das Nerivio-Armband ist seit Frühjahr 2024 in Deutschland erhältlich. Es handelt sich um ein verschreibungspflichtiges Medizinprodukt, das nur nach ärztlicher Verordnung genutzt werden darf.3

Die Kosten werden derzeit nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Damit müssen Patienten die Behandlung bislang aus eigener Tasche finanzieren. Ein Gerät ist auf 18 Anwendungen ausgelegt, danach muss es ersetzt werden. Je nach Anbieter ergibt sich dadurch ein Preis von etwa 80 bis 100 Euro pro Monat, wenn das Armband regelmäßig eingesetzt wird.

Manche private Krankenversicherungen prüfen im Einzelfall, ob die Kosten übernommen werden können. Eine pauschale Erstattung gibt es bislang jedoch nicht. Patienten sollten daher im Vorfeld bei ihrer Krankenkasse nachfragen, ob eine Kostenübernahme oder zumindest ein Zuschuss möglich ist.

Um den Markteintritt zu erleichtern, wird das Gerät in Deutschland im Rahmen einer Einführungsaktion vergünstigt angeboten. Anbieter werben damit, dass Neukunden das Armband zu einem reduzierten Preis erwerben können. Wie lange diese Sonderaktion verfügbar bleibt, ist allerdings nicht festgelegt.

Fazit

Das Nerivio-Armband eröffnet Migränepatienten eine neue, nichtmedikamentöse Behandlungsoption. Studien belegen eine Wirksamkeit und eine gute Verträglichkeit. Auch wenn die Kosten bisher selbst getragen werden müssen und nicht alle Patienten gleichermaßen profitieren, stellt das Gerät eine vielversprechende Ergänzung zur bisherigen Migränetherapie dar.

Quellen anzeigen
  1. Tepper SJ, Rabany L, Cowan RP, et al. Remote electrical neuromodulation for migraine prevention: A double-blind, randomized, placebo-controlled clinical trial. Headache. 2023 Mar;63(3):377-389.
  2. Yarnitsky D, Dodick DW, Grosberg BM, Burstein R, Ironi A, Harris D, Lin T, Silberstein SD. Remote Electrical Neuromodulation (REN) Relieves Acute Migraine: A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled, Multicenter Trial. Headache. 2019 Sep;59(8):1240-1252.
  3. Teimouri, N. (2024). Neuromodulations-Armband für Migränepatienten nun in Deutschland verfügbar. Gelbe Liste. Abgerufen am 12.09.2025.

Gut zu wissen

Fragen und Antworten

Gibt es Nebenwirkungen oder Risiken bei der Neuromodulation?

Laut Studien wurden beim Nerivio-Armband keine Nebenwirkungen beobachtet. Theoretisch können jedoch leichte Hautirritationen durch die Elektroden auftreten. Menschen mit Herzschrittmachern oder schweren neurologischen Erkrankungen sollten die Anwendung vorher mit ihrem Arzt abklären.

Wie unterscheidet sich das Nerivio-Armband von anderen Migräne-Therapien?

Klassische Medikamente wirken direkt auf Schmerzrezeptoren oder Blutgefäße, können aber Nebenwirkungen haben. Das Nerivio-Armband setzt dagegen auf Neuromodulation und aktiviert körpereigene Mechanismen zur Schmerzlinderung. Es ist damit eine nichtmedikamentöse Ergänzung oder Alternative.

Gibt es weitere Geräte zur Migränebehandlung mit Neuromodulation?

Ja, neben Nerivio existieren andere Ansätze, zum Beispiel Stirnbänder oder Elektroden, die am Kopf angebracht werden. Nerivio unterscheidet sich, da es am Oberarm getragen wird und per App gesteuert ist. Damit gilt es als besonders alltagstauglich.

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