

Chronische Ischiasschmerzen sind für viele Betroffene eine erhebliche Belastung – klassische Therapien stoßen oft an ihre Grenzen. Eine neue, hochwertige Studie aus China zeigt nun, dass Akupunktur tatsächlich mehr bewirken kann als bislang gedacht. Wie wirksam ist sie wirklich – und was bedeutet das für Patienten?
Zielgenau gegen den Schmerz: Neue Forschungsergebnisse belegen die langfristige Wirksamkeit von Akupunktur bei chronischen Ischiasschmerzen. Foto: Shutterstock
Ischialgien – also Schmerzen entlang des Ischiasnervs – gehören zu den häufigsten Gründen für starke Rückenschmerzen mit Ausstrahlung ins Bein. Betroffene leiden oft unter stechenden, ziehenden oder brennenden Beschwerden, die das Sitzen, Gehen oder Schlafen massiv einschränken können.
Ursache ist meist ein Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule, der auf den Ischiasnerv drückt. Die Behandlung erfolgt in der Regel mit Medikamenten, Physiotherapie und Bewegungsübungen. Doch bei vielen Patientinnen und Patienten bleiben die Beschwerden über Monate bestehen – man spricht dann von chronischem Ischiasschmerz.
Akupunktur wird bei Ischialgien zunehmend als ergänzende Therapie eingesetzt, allerdings ist die wissenschaftliche Evidenz für ihre Wirksamkeit bislang begrenzt. Eine neue randomisierte, kontrollierte Studie aus China hat nun die Wirksamkeit und Sicherheit von Akupunktur im Vergleich zu Scheinakupunktur bei Patienten mit chronischen Ischiasschmerzen untersucht. Die Ergebnisse wurden im Oktober 2024 im Fachjournal JAMA Internal Medicine veröffentlicht.1
Die multizentrische Studie schloss 220 Patienten mit chronischen Ischiasschmerzen infolge eines Bandscheibenvorfalls ein. Sie wurden zwischen März und September 2021 in sechs kleineren Krankenhäusern in China rekrutiert und per Zufallsprinzip einer von zwei Gruppen zugeteilt: einer Akupunkturgruppe oder einer Kontrollgruppe mit Scheinakupunktur.
Beide Gruppen erhielten zehn Sitzungen innerhalb von vier Wochen. Bei der Scheinakupunktur wurden die Nadeln an neutralen, nicht-therapeutischen Punkten gesetzt. Die Studie war doppelt verblindet – das heißt, weder die Teilnehmenden noch die Auswertenden oder Statistiker wussten, welcher Gruppe die jeweiligen Personen angehörten.
Primäre Zielgrößen waren die Veränderung der Beinschmerzen, gemessen mit der visuellen Analogskala (VAS), sowie die funktionelle Einschränkung, erfasst mit dem Oswestry Disability Index (ODI). Diese Parameter wurden regelmäßig bis zur vierten Woche erhoben. Zusätzlich wurden Langzeiteffekte nach 52 Wochen und das Auftreten unerwünschter Ereignisse dokumentiert.
Die Patienten der Akupunkturgruppe berichteten über eine deutlich stärkere Schmerzlinderung: Der Wert auf der visuellen Analogskala (VAS) sank im Durchschnitt um 30,8 Punkte – in der Scheinakupunkturgruppe nur um 14,9 Punkte (p < 0,001).
Auch die funktionellen Einschränkungen gingen unter Akupunktur stärker zurück. Der Oswestry Disability Index (ODI) verringerte sich hier um 13,0 Punkte, während er in der Kontrollgruppe nur um 4,9 Punkte sank (p < 0,001).
Die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen wurden ab der zweiten Woche sichtbar und hielten über den gesamten Beobachtungszeitraum von 52 Wochen an. In beiden Gruppen traten keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse auf, was für die Sicherheit der Behandlung spricht.
Die Studie wurde methodisch sorgfältig durchgeführt: Erfahrene Akupunkteure, eine überzeugend konzipierte Scheinbehandlung und eine Nachbeobachtungszeit von zwölf Monaten sorgten für hohe wissenschaftliche Qualität. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Akupunktur eine wirksame und sichere Therapieoption bei chronischen Ischiasschmerzen sein kann. Sie führte zu einer signifikanten und anhaltenden Reduktion von Schmerzen und Funktionseinschränkungen. Eine Bestätigung dieser Ergebnisse in weiteren Studien und unterschiedlichen Patientengruppen wäre wünschenswert.