Schmerzreduktion durch Achtsamkeit: Neue Studie liefert spannende Einblicke

Kann Achtsamkeitsmeditation Schmerzen wirklich wirksamer lindern als ein Placebo? Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2024 gibt erstaunliche Antworten. Mit innovativen KI-Analysen und bildgebenden Verfahren zeigt sie, wie Achtsamkeit spezifische Mechanismen im Gehirn aktiviert – und das weit über den bekannten Placebo-Effekt hinaus.

unge Frau in meditierender Haltung in einem hellen Wohnzimmer. Achtsamkeitsmeditation als wirksame Methode zur Schmerzreduktion und Stressbewältigung, unterstützt durch aktuelle Studien.

Achtsamkeitsmeditation aktiviert spezifische Mechanismen im Gehirn und lindert Schmerzen effektiver als ein Placebo, wie eine neue Studie zeigt. Foto: Shutterstock

Wirksamkeit der Achtsamkeitsmeditation bei Schmerzen

Die Wahrnehmung von Schmerzen ist ein vielschichtiges Phänomen. Sie wird nicht nur durch den körperlichen Schmerzreiz geprägt, sondern auch durch kognitive und emotionale Faktoren. Daher nimmt jeder Mensch Schmerzen auf sehr individuelle Weise wahr. In der Schmerzbehandlung spielt der Placebo-Effekt dabei häufig eine entscheidende Rolle.

Eine im August 2024 in der Fachzeitschrift Biological Psychiatry veröffentlichte Studie befasste sich mit der Wirksamkeit der Achtsamkeitsmeditation.1 Diese Methode wird nicht nur zur Stressbewältigung, sondern auch zur Linderung von Schmerzen eingesetzt. Die Achtsamkeitsmeditation hat ihre Ursprünge im Yoga und Buddhismus. Sie basiert darauf, Gedanken, Gefühle und Sinneseindrücke bewusst und ohne Bewertung wahrzunehmen. Regelmäßiges Üben kann die körperliche und mentale Gesundheit stärken, Stress abbauen und die Widerstandskraft (Resilienz) erhöhen.

Die Studie untersuchte, ob Achtsamkeitsmeditation über den Placebo-Effekt hinaus wirkt oder ob andere Mechanismen beteiligt sind. Dafür kam eine innovative Methode zum Einsatz, die analysierte, wie verschiedene Schmerzbehandlungen spezifische Prozesse im Gehirn beeinflussen.

Die Studie: Meditation vs. Placebo im Test

Die Forscher führten eine klinische Studie mit 115 gesunden Teilnehmenden durch. Diese wurden per Zufallsprinzip in vier Behandlungsgruppen aufgeteilt:

  • Achtsamkeitsmeditation: Geführte Meditation mit Fokus auf bewusste Wahrnehmung.
  • Schein-Achtsamkeit: Atemübungen ohne meditative Elemente.
  • Placebo-Creme: Eine neutrale Creme (reine Vaseline), die als Schmerzmittel ausgegeben wurde.
  • Hörbuch-Gruppe: Entspannung durch das Anhören eines Hörbuchs.

Allen Teilnehmenden wurde ein schmerzhafter, aber ungefährlicher Hitzereiz am Bein zugefügt. Vor und nach der Behandlung wurde ihre Gehirnaktivität untersucht. Dazu setzten die Forscher die funktionelle Kernspin- oder Magnetresonanztomographie (fMRT) ein. Dieses bildgebende Verfahren misst die Hirnaktivität, indem es Veränderungen im Blutfluss in bestimmten Gehirnregionen sichtbar macht. Solche Änderungen deuten auf eine erhöhte neuronale Aktivität in den betroffenen Bereichen hin.

Ein KI-gestütztes Analyseverfahren half dabei, die Gehirnströme während des Schmerzerlebnisses genauer zu untersuchen. Die Forscher analysierten, ob die Veränderungen der Hirnaktivität durch den Wärmereiz, negative Emotionen, Schmerzreaktionen oder den Placebo-Effekt verursacht wurden.

Ergebnisse: Achtsamkeit zeigt die stärkste Wirkung

Die Achtsamkeitsmeditation führte im Vergleich zu allen anderen Gruppen zu einer deutlichen Reduktion der Schmerzempfindung und des Unbehagens bei den Probanden. Die neuronale Analyse zeigte, dass Achtsamkeitsmeditation spezifische Hirnregionen aktiviert, die für Selbstwahrnehmung und Emotionsregulation verantwortlich sind.

Im Gegensatz dazu reduzierte die Placebo-Creme ausschließlich neuronale Signaturen, die mit dem Placebo-Effekt verbunden sind, ohne die tatsächliche Schmerzwahrnehmung zu beeinflussen. Die Gruppen mit Schein-Achtsamkeit und das Anhören eines Hörbuchs zeigten hingegen nur minimale oder gar keine Veränderungen in den Schmerzbewertungen oder der Gehirnaktivität.

Schmerzreduktion durch Achtsamkeit

Die Studie liefert überzeugende Beweise dafür, dass Achtsamkeitsmeditation über spezifische neuronale Mechanismen wirkt, die sich deutlich vom Placebo-Effekt unterscheiden. Sie zeigt das Potenzial von Achtsamkeit als kostengünstige und nicht-medikamentöse Methode zur Schmerzbehandlung. Die Autoren betonen jedoch, dass weitere Untersuchungen erforderlich sind, um diese Effekte auch bei Patienten mit chronischen Schmerzen zu bestätigen.

Quellen anzeigen
  1. Riegner G, Dean J, Wager TD, Zeidan F. Mindfulness Meditation and Placebo Modulate Distinct Multivariate Neural Signatures to Reduce Pain. Biological Psychiatry. 2024 Aug 30:S0006-3223(24)01556-7.
Dr. Markus Numberger, promovierter Neurowissenschaftler und medizinischen Fachautor, spezialisiert auf molekulare Neurobiologie, Komplementär- und Integrativmedizin sowie medizinische Kommunikation. Dr. rer. nat. Markus Numberger
Mit einer beeindruckenden Laufbahn, die ihn unter anderem ins Labor des Medizin-Nobelpreisträgers Bert Sakmann führte, ist Dr. Markus Numberger ein herausragender Experte in molekularer Neurobiologie. Seine wissenschaftliche Neugier und sein tiefgründiges Fachwissen, ergänzt durch Forschungsaufenthalte in den USA und an der Charité Berlin, ermöglichen es ihm, die Komplexität der Komplementär- und Integrativmedizin verständlich zu vermitteln.
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