

Eine neue Studie zeigt, dass weniger Zucker in den ersten Lebensjahren das Risiko für Diabetes und Bluthochdruck im Erwachsenenalter deutlich senken kann. Die Erkenntnisse stammen aus einem historischen Experiment – der Zuckerrationierung während des Zweiten Weltkriegs.
Der Genuss von Zucker in jungen Jahren kann langfristige Folgen haben – eine neue Studie zeigt, wie weniger Zucker das Risiko für Diabetes und Bluthochdruck reduziert. Foto: Shutterstock
Der Zuckerkonsum in den ersten 1000 Tagen – von der Empfängnis bis zum zweiten Lebensjahr – beeinflusst die langfristige Gesundheit eines Menschen. Das zeigt eine neue Studie, die am 31. Oktober 2024 in der renommierten US-amerikanischen Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde.1 Ein britisches Forscherteam untersuchte, wie eine Reduzierung des Zuckerkonsums in dieser kritischen Entwicklungsphase das Risiko für chronische Krankheiten wie Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck im späteren Leben senken kann. Grundlage der Analyse war ein einzigartiges „natürliches Experiment“: die Zuckerrationierung in Großbritannien während des Zweiten Weltkriegs und in den Jahren danach.
Zwischen 1942 und 1953 beschränkte das Vereinigte Königreich die Verfügbarkeit von Zucker auf etwa 40 Gramm (8 Teelöffel) pro Tag, um während des Zweiten Weltkriegs Ressourcen zu sparen. Nach dem Ende der Rationierung im September 1953 verdoppelte sich der Zuckerkonsum schlagartig auf 80 Gramm (16 Teelöffel) pro Tag. Diese abrupte Veränderung bot den Forschenden die einzigartige Möglichkeit, Gesundheitsdaten von Menschen zu vergleichen, die während oder nach der Zuckerrationierung geboren wurden.
Die Analyse basierte auf der UK Biobank, einer umfangreichen Datenbank mit Gesundheits- und Lebensstildaten britischer Bürger. Untersucht wurden Erwachsene, die entweder vor oder nach dem Ende der Rationierung gezeugt oder geboren wurden, um Unterschiede in der Häufigkeit und im Verlauf bestimmter Krankheiten zu analysieren.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Rationierung von Zucker in den ersten 1000 Tagen nach der Empfängnis das Risiko für chronische Krankheiten im Erwachsenenalter deutlich senken kann:
Der Schutzeffekt zeigte sich bereits, wenn während der Schwangerschaft weniger Zucker konsumiert wurde. Nach der Geburt verstärkte sich dieser Effekt, insbesondere ab dem sechsten Monat, wenn feste Nahrung eingeführt wurde. Die Zuckerrestriktion während der Schwangerschaft allein war für etwa ein Drittel der Risikoreduktion verantwortlich.
Epigenetische Veränderungen könnten die biologischen Mechanismen hinter diesen Effekten sein, so die Autoren der Studie. Diese Veränderungen regulieren Gene, die den Stoffwechsel und die Insulinresistenz beeinflussen. Epigenetische Modifikationen verändern zwar nicht die DNA-Sequenz selbst, beeinflussen jedoch, wie Gene an- oder abgeschaltet werden. Sie spielen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung, Zelldifferenzierung und Anpassung an Umwelteinflüsse – können jedoch auch bei der Entstehung von Krankheiten beteiligt sein.
Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass ein reduzierter Zuckerkonsum in einer kritischen Entwicklungsphase langfristige gesundheitliche Vorteile bietet. Sie verdeutlicht die Risiken eines hohen Zuckerkonsums, insbesondere bei Schwangeren und Kleinkindern. Die Forschenden fordern daher, Hersteller dazu zu verpflichten, Babynahrung und Lebensmittel für Kleinkinder so zu reformulieren, dass der Zuckergehalt deutlich reduziert wird.