Wunderwaffe aus Brokkoli? Neuer Hoffnungsträger in der Schlaganfallbehandlung

Der Schlaganfall ist nach wie vor eine der Hauptursachen für Tod und Behinderung, die therapeutischen Möglichkeiten der Medizin sind jedoch immer noch begrenzt. Hier können pflanzliche Wirkstoffe – in Kombination mit bestehenden Therapien – entscheidend dazu beitragen, Schlaganfälle zu verhindern oder die Behandlung ihrer Folgen zu verbessern. Eine Studie, die im Januar 2024 in der Zeitschrift der American Chemical Society veröffentlicht wurde, hat untersucht, ob ein in Brokkoli enthaltener Wirkstoff zur Therapie von Schlaganfällen geeignet ist.

Ein Arzt hält frischen Brokkoli in den Händen, symbolisierend für die gesundheitsfördernden Eigenschaften von Sulforaphan zur Schlaganfallprävention. Neue Studien zeigen, dass dieser Wirkstoff im Brokkoli die Thrombozytenaggregation hemmen und so Schlaganfälle verhindern kann.

Brokkoli: Ein natürlicher Schutz gegen Schlaganfälle? Neue Studien deuten auf die gesundheitlichen Vorteile von Sulforaphan hin, einem Wirkstoff im Brokkoli. Foto: Shutterstock

Sulforaphan im Brokkoli: Eine neue Hoffnung gegen Thrombosen

Seit langem ist bekannt, dass Kreuzblütler, zu denen u.a. Senf und alle Kohlsorten wie Brokkoli gehören, vor allem für das Herz-Kreislauf-System gesund sind. Verantwortlich für diese kardiovaskulären Wirkungen sind wahrscheinlich pflanzliche Schwefelverbindungen.1 Die hier vorgestellte Studie untersuchte die gerinnungshemmende Wirkung verschiedener Pflanzenstoffe im Brokkoli und ob diese bei der Behandlung von Schlaganfällen hilfreich sein könnten.2

Studie beleuchtet Sulforaphans potenzielle Rolle bei der Schlaganfallprävention

In dieser präklinischen Studie des Heart Research Institute der Universität Sydney, Australien, wurden 23 Phytochemikalien aus Brokkoli auf ihre gerinnungshemmende Wirkung untersucht. Dabei wurden diejenigen Substanzen identifiziert, die die stärksten (kovalenten) Bindungen mit Proteinen auf Thrombozyten eingehen und durch diese Veränderung der Oberflächenproteine die Thrombozytenaggregation hemmen können. Außerdem wurde untersucht, wie die Substanzen mit dem Gewebe Plasminogen-Aktivator (tPA) interagieren. tPA ist bisher der einzige zugelassene Wirkstoff zur Auflösung von Blutgerinnseln (Thrombolyse); allerdings ist seine Wirksamkeit ist nicht optimal, die Erfolgsrate liegt unter 20%.3

Tatsächlich entdeckte das Forscherteam eine der Substanzen im Brokkoli, die besonders interessant war: Sulforaphan (SFN), ein Isothiocyanat, also eine schwefelhaltige Verbindung aus dem Brokkoli. „Es hemmt auf einzigartige Weise die Thrombozytenaggregation unter pathologischen Bedingungen, ohne in unseren präklinischen Modellen signifikante Blutungen zu verursachen“, so Dr. Liu, der Leiter der Studie.3 Das bedeutet, dass SFN hochspezifisch an Thrombozyten bindet und so die Thrombose, also die Bildung von Blutgerinnseln und damit Schlaganfälle verhindern könnte. Auch in Kombination mit tPA zeigten sich vielversprechende Ergebnisse: Die Zugabe von SFN zur tPA-Behandlung erhöhte die Erfolgsrate signifikant auf 60%, was auf eine starke synergistische (sich gegenseitig verstärkende) Wirkung hindeutet. Es traten auch keine nennenswerten Blutungsrisiken auf und die normale Blutgerinnung wurde nicht beeinflusst, was es von anderen Blutverdünnern unterscheidet, die zusammen mit tPA getestet wurden. Vorläufige Tests deuten auch darauf hin, dass SFN das Auftreten von Schlaganfällen verzögern könnte.

Schlussfolgerung und Ausblick

Nach Ansicht der Autoren stellt Sulforaphan einen bahnbrechenden Ansatz in der Schlaganfallbehandlung dar, der die Wirksamkeit von tPA verdreifacht und die Bildung von Blutgerinnseln verhindert, ohne das Blutungsrisiko zu erhöhen. Obwohl die Ergebnisse vielversprechend sind, basieren die Schlussfolgerungen der Studie auf präklinischen Experimenten, so dass weitere Untersuchungen in direkten experimentellen Modellen, einschließlich (transgenen) Tiermodellen erforderlich sind.

Für weitere Einblicke in die Behandlung von Schlaganfallfolgen, werfen Sie einen Blick auf unsere jüngste Berichterstattung über eine chinesische Studie, die die Vorteile von Ginkgo biloba nach Schlaganfällen untersucht.

Quellen anzeigen
  1. Brendler M. Kohl schützt vor Atherosklerose. Medical Tribune. 2020.
  2. Guan IA, Liu JST, Sawyer RC, et al. Integrating Phenotypic and Chemoproteomic Approaches to Identify Covalent Targets of Dietary Electrophiles in Platelets. American Chemical Society Central Sciences. 2024 Jan 29;10(2):344-357.
  3. Pelc C. A natural compound derived from broccoli may help prevent and treat stroke. MedicalNewsToday. 2024.
Dr. Markus Numberger, promovierter Neurowissenschaftler und medizinischen Fachautor, spezialisiert auf molekulare Neurobiologie, Komplementär- und Integrativmedizin sowie medizinische Kommunikation. Dr. rer. nat. Markus Numberger
Mit einer beeindruckenden Laufbahn, die ihn unter anderem ins Labor des Medizin-Nobelpreisträgers Bert Sakmann führte, ist Dr. Markus Numberger ein herausragender Experte in molekularer Neurobiologie. Seine wissenschaftliche Neugier und sein tiefgründiges Fachwissen, ergänzt durch Forschungsaufenthalte in den USA und an der Charité Berlin, ermöglichen es ihm, die Komplexität der Komplementär- und Integrativmedizin verständlich zu vermitteln.
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