Massagen gegen Schmerzen: Mehr Schein als Sein?
Entspannung ja, Heilung vielleicht? Massagen gehören zu den beliebtesten Methoden gegen Schmerzen, doch eine neue Studie zeigt: Die wissenschaftliche Evidenz steht auf wackeligen Füßen. Warum bleibt die Wirksamkeit umstritten – und was heißt das für Patienten?
Massagetherapie als beliebte Schmerzlinderungsmethode
Massagetherapie ist eine der beliebtesten komplementärmedizinischen Methoden zur Schmerzlinderung. Sie wird sowohl als Ergänzung zu Standardtherapien als auch als Alternative genutzt, insbesondere wenn Schmerzmedikamente unerwünscht oder unverträglich sind.
Trotz ihrer langen Tradition und weitverbreiteten Anwendung bleibt die wissenschaftliche Grundlage ihrer Wirksamkeit unklar – eine aktuelle Studie, veröffentlicht im Juli 2024 im renommierten Journal of the American Medical Association (JAMA), bestätigt diesen Befund.
Wie wurde die Wirksamkeit der Massagetherapie untersucht?
Die Forschenden führten eine umfassende systematische Metaanalyse zur Wirksamkeit der Massagetherapie bei Schmerzerkrankungen bei Erwachsenen durch. Von 1.164 wissenschaftlichen Publikationen, die zwischen 2018 und 2023 veröffentlicht wurden, wurden 17 Übersichtsarbeiten ausgewählt, die 13 verschiedene Schmerzarten untersuchten.
Um den Fokus auf klassische Massagetherapie zu legen, wurden Studien zu spezifischen Techniken wie Sportmassage, Osteopathie oder Selbstmassage bewusst ausgeschlossen. Die ausgewählten Arbeiten wurden anschließend nach ihrer Aussagekraft in die Kategorien hoch, mittel, niedrig oder sehr niedrig eingestuft.
Ernüchternde Ergebnisse: Die Wahrheit über Massagen bei Schmerzen
Die Untersuchung lieferte ein ernüchterndes Bild:
- Keine hohe Evidenz: Keine der analysierten systematischen Übersichtsarbeiten konnte eine hohe Evidenz für die Wirksamkeit der Massagetherapie nachweisen.
- Moderate Beweissicherheit: Lediglich sieben Studien wiesen eine moderate Evidenz für die schmerzlindernde Wirkung von Massagen auf.
- Niedrige oder sehr niedrige Evidenz: Die restlichen Studien wurden als wissenschaftlich schwach eingestuft.
Die mit moderater Evidenz bewerteten Studien deuten darauf hin, dass Massagen bei einigen spezifischen Erkrankungen wie chronischen Schmerzen, Migräne oder postoperativen Schmerzen eine gewisse Linderung bieten könnten. Jedoch waren Massagen im Vergleich zu Standardtherapien wie Medikamenten oder physiotherapeutischen Maßnahmen nur selten überlegen.
Warum bleibt die wissenschaftliche Evidenz begrenzt?
Die Vielfalt an Massagetechniken, Behandlungsdauern und Intensitäten erschwert eine einheitliche Bewertung ihrer Wirksamkeit. Hinzu kommt, dass Schmerzempfinden individuell und schwer standardisierbar ist. Einige Studien haben methodische Schwächen wie kleine Stichproben oder fehlende Vergleichsgruppen. Zudem fehlen hochwertige Untersuchungen, die Massagen mit etablierten Therapien direkt vergleichen.
Diese Herausforderungen verdeutlichen den Bedarf an gezielter Forschung, um die spezifischen Einsatzbereiche der Massagetherapie noch klarer zu definieren.
Was die Ergebnisse für Patienten bedeuten
Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass die wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit von Massagen bei Schmerzen begrenzt ist. Zwar gibt es Hinweise darauf, dass Massagen bei bestimmten Erkrankungen helfen könnten, doch fehlt es an klaren Belegen, die ihre Überlegenheit gegenüber Standardtherapien nachweisen.
Massagen können eine angenehme Ergänzung sein, sollten aber nicht als alleinige Therapieform betrachtet werden. Patienten sollten die Behandlung realistisch einschätzen und im Zweifel mit Ärzten abklären, wie Massagen in ein umfassendes Therapiekonzept integriert werden können.
- Mak S, Allen J, Begashaw M, Miake-Lye I, Beroes-Severin J, De Vries G, Lawson E, Shekelle PG. Use of Massage Therapy for Pain, 2018-2023: A Systematic Review. JAMA Network Open. 2024 Jul 1;7(7):e2422259.